Extensionsbrücke
Eine Extensionsbrücke (Synonyme: Freiendbrücke, Anhängerbrücke) dient der Versorgung einer verkürzten oder unterbrochenen Zahnreihe durch Anhängen eines Brückenglieds an zwei miteinander verblockten Kronen. Der Ausdehnung der Brücke sind hierbei durch Besonderheiten der Brückenstatik enge Grenzen gesetzt.
Brückenstatik
Aufgrund der im Folgenden erläuterten Anforderungen an die Statik einer Extensionsbrücke haben derartige Konstruktionen geringere Überlebensraten als sogenannte Endpfeilerbrücken. Dennoch kann eine Extensionsbrücke unter bestimmten Voraussetzungen die Therapieform der Wahl sein, um fest sitzenden Zahnersatz noch zu ermöglichen und eine herausnehmbare Versorgung oder chirurgische Maßnahmen wie die Implantation künstlicher Zahnwurzeln zu umgehen.
Zunächst sei der Vergleich zu einer Endpfeilerbrücke herangezogen. Bei dieser hängt das sogenannte Brückenglied, anders als bei der Extensionsbrücke, zwischen den als Brückenpfeiler dienenden Zähnen. Die Zahnlücke wird also von zwei Zähnen umschlossen. Wird das Brückenglied einer Endpfeilerbrücke durch Kaudruck belastet, findet die Übertragung der Druckkräfte statisch günstig in Achsrichtung auf die Pfeilerzähne statt.
Die statischen Anforderungen an die Pfeilerzähne einer Extensionsbrücke sind dagegen wesentlich größer. Hier wird das Brückenglied an den letzten Pfeilerzahn angehängt, wodurch bei Kaubelastung des Brückenanhängers starke Zugkräfte auf den lastfernen Pfeilerzahn einwirken, während der lastnahe Pfeiler in die Alveole (das knöcherne Zahnfach) intrudiert (hineingedrückt) wird. Die Zugkräfte können eine Lockerung des Brückenankers zur Folge haben.
Um einer derartigen Belastung standzuhalten, müssen die Zahnachsen der Pfeilerzähne weitgehend parallel ausgerichtet und die Zähne ausreichend dimensioniert sein. Daraus ergibt sich eine strenge Indikationsstellung für endodontisch (wurzel-) behandelte Pfeilerzähne, deren Zahnsubstanz aufgrund der Vorgeschichte stark reduziert ist.
Den höheren Anforderungen an die Retention (den mechanischen Halt der Brücke auf den Pfeilerzähnen) wird zum einen durch eine nahezu parallelwandige Präparation (Beschleifen) Rechnung getragen. Zum anderen wirkt sich eine der Lage des Brückenanhängers entgegengesetzte Neigung der Pfeilerzähne positiv auf die Brückenstatik aus.
Derart retentive Präparationsformen können in der Regel nur durch die Versorgung mit Vollkronen, nicht etwa mit Teilkronen, geschaffen werden. Überdies müssen die Zähne über ein gesundes Parodont (Zahnhalteapparat) im Knochen verankert sein, um den unvermeidlichen Zugkräften standzuhalten.
Aufgrund der angreifenden Zugkräfte ist die Breite des Brückenanhängers im Zahnbogenverlauf auf maximal eine Prämolarenbreite limitiert.
Materialien
- Vollgussbrücke aus Edelmetalllegierungen oder edelmetallfreien Legierung (EMF, NEM) bzw. Titan – im Seitenzahnbereich zur Versorgung einer verkürzten Zahnreihe (durch Fehlen eines hinteren Backenzahns verursacht)
- Kunststoffverblendbrücke – Ein Metallgerüst erhält im sichtbaren Bereich eine zahnfarbene Kunststoffbeschichtung. Da die Kunststoffverblendung der limitierende Faktor für die Lebenszeit der Konstruktion ist, wird nur in Ausnahmefällen auf diese Verblendungsvariante zurückgegriffen.
- Keramikverblendbrücke – Metallgerüst mit Keramikverblendung
- Vollkeramikbrücke – z. B. aus Zirkoniumdioxid, aus Aluminiumoxid oder Lithiumdisilikat
Befestigungsmöglichkeiten
- Konventionelle Befestigung – Der dauerhafte Verbund zwischen Brückenmaterial und Brückenpfeilern wird mittels eines konventionellen eines Zements (z. B. Zinkphosphat-, Glasionomer- oder Carboxylatzement) geschaffen. Dabei dient der Zement als solcher nur dem Füllen der möglichst dünn zu haltenden Zementfuge. Den eigentlichen Halt bekommt die Brücke durch sogenannte Friktion (Passung durch Haftreibung zwischen parallelen Wänden). – Neben metallenen Brückengerüsten können auch Oxidkeramiken grundsätzlich konventionell befestigt werden.
- Adhäsive Befestigung – Nach Konditionierung (chemischer Vorbehandlung) der zu verbindenden Flächen, also der präparierten Zähne und der Kroneninnenflächen, wird mittels chemisch härtender Komposite (Kunststoffe) ein mikromechanischer Verbund generiert und dadurch die Retention (mechanischer Halt) der Kronen auf den Pfeilerzähnen erhöht. – Keramische Materialien werden häufig mit der aufwändigeren Adhäsivtechnik zementiert.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Zum Aufbau einer Prämolarenokklusion bei verkürzter Zahnreihe
- Auf zwei direkt nebeneinander stehenden Pfeilerzähnen nur bei ausreichend langem, lastfernem Pfeiler und bei weitgehend übereinstimmender Achsausrichtung und dadurch nahezu parallelwandiger Präparationsform
- Auf vitalen (lebenden, nicht wurzelbehandelten) und stabil dimensionierten Pfeilerzähnen
- Zur Verlängerung einer verkürzten Zahnreihe mit distal (hinter dem letzten Pfeilerzahn) angehängtem Brückenglied in der Breite maximal eines Prämolaren (eines vorderen kleinen Backenzahns)
- Zum Schluss einer unterbrochenen Zahnreihe mit mesial (vor dem letzten Pfeilerzahn) angehängtem Brückenglied in der Breite maximal eines Prämolaren – z. B. um die Präparation eines Eckzahnes zu umgehen
- Zum Verhindern von Zahnwanderungen – z. B. der Elongation eines Antagonisten (Herauswachsen eines Zahnes im Gegenkiefer aus seinem Knochenfach)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
Absolute Kontraindikationen
- Freiendbrücke mit nur einem Pfeiler – Eine Ausnahme stellt die Sonderform der einflügeligen Adhäsivbrücke (Synonyme: Klebebrücke, Marylandbrücke) dar.
- Endodontisch behandelte Pfeilerzähne mit zu starkem Substanzverlust
- Parodontopathie – Pfeilerzähne mit Vorerkrankung des Zahnhalteapparats, die der besonderen statischen Belastung durch eine Extensionsbrücke nicht dauerhaft standhalten können.
- Apikale Osteolyse (entzündlich bedingte Knochenauflösung um die Wurzelspitze)
- Kurze klinische Kronen – Die daraus resultierende mangelnde Retention (mechanischer Halt) der Kronenversorgung auf den präparierten Pfeilerzähnen führt zur Lockerung der Brücke.
Relative Kontraindikationen
- Kariesfreie Pfeilerzähne – Hier sollte alternativ die Versorgung der Lücke mit einem Implantat oder, insbesondere bei Jugendlichen, mit einer Klebebrücke erwogen werden.
- Ineffiziente Mundhygiene – Da die Pfeilerzähne und somit deren Parodont (Zahnhalteapparat) durch eine Extensionsbrücke besonderen Belastungen ausgesetzt sind, muss mit adäquaten Hygienetechniken dem Etablieren oder Fortschreiten einer Parodontalerkrankung entgegengewirkt werden.
- Fehlende Compliance – Die fehlende Bereitschaft zu regelmäßigen zahnärztlichen Kontrollterminen, ergänzt durch PZR (professionelle Zahnreinigung) oder auch UPT (Unterstützende Parodontitistherapie) stellt den Erfolg der Brückenversorgung infrage.
- Zustand nach Wurzelspitzenresektion – Eine chirurgisch bedingte Verkürzung der Wurzel kann zu einer ungünstigen Kronen-Wurzel-Relation führen.
- Unverträglichkeit gegen Bestandteile einer Metalllegierung – Ausweichen auf verträgliche Alternativen (z. B. hochgoldhaltige Legierung oder Keramik)
- Unverträglichkeit gegen Kunststoffe auf PMMA-Basis (Polymethylmethacrylat) – Ausweichen auf Brückenmaterial, das mit konventionellen Zementen befestigt werden kann
Vor dem Verfahren
- Sensibilitätsprüfung
- Röntgendiagnostik
- ggf. chirurgische, konservierende und parodontale Sanierung der Pfeilerzähne und Abschätzen deren Prognose
- Bewertung der Pfeilerzähne hinsichtlich der Umsetzbarkeit einer retentiven Präparationsform, die der Belastung der Brücke ausreichenden mechanischen Halt entgegensetzen kann
Das Verfahren
Das Verfahren zur Herstellung einer Extensionsbrücke wird am Beispiel einer Vollgussbrücke erläutert. Auf darüber hinausgehende Verfahrensschritte bei festsitzenden Keramikverblendbrücken, Kunststoffverblendbrücken, Klebebrücken und im CAD/CAM-Verfahren hergestellten Konstruktionen sei hier lediglich verwiesen.
I. Erste Behandlungssitzung
- Abformung des Gegenkiefers und des Kiefers mit den künftigen Pfeilerzähnen für die spätere Provisorienherstellung
- Exkavation – Kariöse Zahnhartsubstanz wird entfernt, der Zahn ggf. mit Aufbaufüllungen versorgt, um pulpennahe Bereiche (in Zahnmarknähe) medikamentös zu versorgen (z. B. mit Calciumhydroxid-Präparaten, die die Neubildung von Dentin (Zahnbein) anregen) und um unter sich gehende Bereiche auszublocken.
- Präparation (Beschleifen) – Reduktion der Kronenhöhe um ca. 2 mm und zirkuläres Beschleifen der Glattflächen in einem nach koronal konvergierenden Winkel von etwa 6°. Der zirkuläre Abtrag muss etwa 1,2 mm betragen und endet am Gingivalrand oder leicht subgingival (unter Zahnfleischniveau) in Form einer Hohlkehle oder Stufe mit abgerundeter Innenkante. Aufbaufüllungen müssen von der Präparation ausreichend gefasst werden (Fassreifeneffekt).
- Einschubrichtung – Ein wichtiger Verfahrensschritt, der eine festsitzende Brückenkonstruktion erst ermöglicht, ist der Abgleich der Präparationswinkel der Pfeilerzähne. Um eine gemeinsame Einschubrichtung der späteren Kronen zu gewährleisten, muss gegebenenfalls geringfügig vom Ideal der 6°-Präparation abgewichen werden.
- Legen von Retraktionsfäden – Vor Abformung der Pfeilerzähne wird die umgebende Gingiva (Zahnfleisch) mit einem in den Sulcus (Zahnfleischtasche) eingebrachten Retraktionsfaden (von lat. retrahere: zurückziehen) vorübergehend verdrängt, um dadurch die Präparationsgrenze auf der Abformung darzustellen. Der Faden wird unmittelbar vor der Abdrucknahme entfernt.
- Präparationsabformung – z. B. Zweiphasenabformung mit A-Silikon (additionsvernetzendem Silikon) in Doppelpastentechnik: Eine höher visköse (zähflüssige) Paste übt einen Stempeldruck auf eine niedrig visköse Masse aus, die dadurch in die Zahnfleischtasche gepresst wird und den Präparationsrand detailgetreu abformt.
- Gesichtsbogenanlage – zur Übertragung der individuellen Scharnierachsposition (Achse durch die Kiefergelenke) in den Artikulator (zahntechnisches Gerät zur Imitierung der Kiefergelenksbewegungen)
- Bissnahme – z. B. aus Kunststoff oder Silikon; bringt Ober- und Unterkiefer in Lagebeziehung zueinander
- Provisorische Versorgung – Die zu Beginn genommene Abformung wird im Bereich der Präparation mit chemisch härtendem Kunststoff gefüllt und in den Mund zurückgesetzt. In dem durch die Präparation entstandenen Hohlraum härtet der Kunststoff aus. Die provisorischen Kronen werden fein konturiert und mit provisorischem, leicht wieder zu entfernendem Zement (z. B. Zinkoxid-Eugenol-Zement) eingesetzt. Bei geplanter adhäsiver Befestigung muss ein eugenolfreier (nelkenölfreier) provisorischer Zement verwendet werden, da Eugenol die Abbindereaktion der Befestigungskomposite inhibiert (hemmt). – Die Gestaltung eines provisorischen Brückenglieds ist möglich und sinnvoll, um Zahnwanderungen bis zum Zementieren der definitiven Versorgung zu verhindern.
II. Zahntechnisches Labor
II.1. Ausgießen der Präparationsabformung mit Spezialgips
II.2. Herstellen des Arbeitsmodells (Gipsmodell, auf dem die Brücke hergestellt wird) – Das Modell wird gesockelt, die künftigen Arbeitsstümpfe mit Pins versehen, sodass sie nach dem Zersägen des Modells einzeln dem Sockel entnommen und wieder zurückgesetzt werden können.
II.3. Modellmontage im Artikulator – auf Basis der Gesichtsbogenanlage und der Bissnahme
IÍ.4. Wachsmodellation – Zunächst werden die Kronen, dann der Brückenanhänger durch schichtweises Auftragen flüssigen Wachses nach anatomischen und funktionellen Gesichtspunkten geformt. An die fertige Wachsmodellation werden Gusskanäle aus Wachs angebracht.
II.5. Metallguss – Die Wachsmodellation wird in einen Gussmuffel eingebettet. Im heißen Ofen wird das Wachs rückstandslos ausgebrannt, wodurch Hohlräume im Inneren der Einbettmasse entstehen. Über die Gusskanäle wird verflüssigtes Metall (Gold- oder Nichtedelmetalllegierung) im Schleuder- und Vakuumverfahren in die Hohlräume eingebracht. Nach dem Erkalten erfolgen das Ausbetten des Gussobjekts und anschließend das Ausarbeiten bis hin zur Hochglanzpolitur.
III. Zweite Behandlungssitzung
- Entfernen der provisorischen Versorgung und Reinigung der Pfeilerzähne z. B. mit Chlorhexidin
- Einprobe der Brücke unter Kontrolle der statischen und dynamischen Okklusion (Schlussbiss und Kaubewegungen) mit Hilfe verschieden farbiger Okklusionsfolien zur Markierung
- Kontrolle der Approximalkontakte – Kontaktpunkte zu den Nachbarzähnen müssen so stramm wie zwischen natürlichen Zähnen sein, dürfen aber kein Spannungsgefühl erzeugen
- Definitive Befestigung – Vor dem Zementieren (z. B. mit konventionellem Zinkphosphat- oder Carboxylatzement) werden die Pfeilerzähne getrocknet, jedoch nicht übertrocknet. Die Kronen werden dünn mit Zement ausgestrichen und unter langsam steigendem Anpressdruck auf die Zähne gesetzt, um die Zementfuge so dünn wie möglich zu gestalten.
- Abwarten der Abbindephase, wobei die Brücke kontrolliert in situ (in der korrekten Position) gehalten wird
- Entfernen aller Zementüberschüsse nach dem Abbinden
- Okklusionskontrolle
Nach dem Verfahren
- Recall (Nachsorgetermin) zeitnah zur erneuten Kontrolle
- Danach regelmäßige Recalls mit Auffrischen der Mundhygienefertigkeiten, um einen Verlust der Brücke durch Karies oder Parodontalerkrankungen (Zahnfäule oder Zahnbetterkrankungen) zu verhindern.
Mögliche Komplikationen
- Brückenlockerung bedingt durch mangelnde mechanische Retention (den mechanischen Halt der Brücke auf den Pfeilerzähnen)
- Fraktur (Zahnbruch) eines oder mehrerer Pfeilerzähne, insbesondere endodontisch behandelter Zähne (mit Wurzelfüllung)
- Technische Misserfolge – Fraktur des Brückengerüsts
- Lösen der Zementfuge an einem Pfeilerzahn – insbesondere am lastfernen Pfeiler
- Unzureichende Mundhygiene – dadurch Etablierung einer Parodontalerkrankung oder Entstehung von Randkaries entlang des Kronenrands
- Präparationsbedingte Pulpitis (Zahnmarkentzündung)
- Zahnsensibilitäten (Überempfindlichkeiten) durch adhäsive Befestigungstechnik bzw. -material
Literatur
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Leitlinien
- S3-Leitlinie: Festsitzender Zahnersatz für zahnbegrenzte Lücken. (AWMF-Registernummer: 083-003)