Bunte Zahnfüllungen für Milchzähne
Für die Füllungstherapie in der Kinderzahnheilkunde stehen Materialien auf Basis der Kompomere mit Farb- und Glitzereffekten zur Verfügung, mit denen Defekte in der ersten Dentition (in den Milchzähnen) versorgt werden können.
Von der Firma Voco wird das Material Twinky Star angeboten. Als Basismaterial dient Kompomer, ein Kunststoffmaterial, das dem in Kompositfüllungen (Kunststofffüllungen) verwendeten Material ähnelt. Anders als bei Kompositen bestehen hierbei die Füllkörper allerdings aus anlösbaren Glaskörpern wie in der Stoffgruppe der Glasionomerzemente, außerdem sind die Füllkörper wesentlich größer als die in den Kompositfüllungen verwendeten Nanopartikel. Twinky Star wird in acht verschiedenen Farbtönen mit Glitzerpartikeln angeboten.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die bunten Kompomere sind hinsichtlich ihrer Materialeigenschaften auf die erste Dentition (Milchzähne) abgestimmt. Sie sind
- farbstabil
- biokompatibel
- ausreichend abrasionsstabil (abriebfest)
- dauerhaft haltbar bis zur Exfoliation (zum natürlichem Milchzahnverlust)
- röntgenopak (röntgendicht)
- zeigen eine gute Haftung an Dentin und Schmelz, sofern ein Adhäsivsystem verwendet wird
- haben hohe Druckhärte
- haben einen Füllstoffgehalt von ca. 78 Gew.%
- geben Fluorid ab, wodurch die Entstehung von Sekundärkaries (erneuter Karies) erschwert wird
Hinsichtlich ihres Abrasionsverhaltens (ihrer Abriebfestigkeit) sind die bunten Kompomere zwar verglichen mit den Kompositen im Nachteil; allerdings weist ein Milchzahn auch eine wesentlich höhere Abrasivität als ein bleibender Zahn auf, sodass die Verwendung der bunten Zahnfüllungen im Milchgebiss unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer von Zahn und Füllung durchaus akzeptabel ist.
Die Indikation für eine bunte Milchzahnfüllung stellt sich jedoch nicht aufgrund ihrer genannten Materialeigenschaften. Sie ist vielmehr einer von etlichen Kunstgriffen, die in der Kinderzahnheilkunde angewendet werden, um die Compliance (Kooperationsfähigkeit) der kleinen Patienten zu erhöhen und ggf. über mehrere Behandlungssitzungen zu erhalten:
- die Farb- und Glitzereffekte wecken das kindliche Interesse
- das Kind hat durch die Farbauswahl ein Mitbestimmungsrecht, wodurch das Gefühl des Ausgeliefertseins reduziert ist
- die Vorfreude auf eine weitere Farbe aus der Palette erleichtert den nächsten Zahnarztbesuch
- die bunten "Schmuckstücke" können einen positiven Effekt auf das Mundhygieneverhalten haben
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Allergie gegen Kompositkunststoffe
- zirkuläre (den Zahn bandförmig umgebende) Karies: hier ist eine Milchzahnkrone indiziert
- zu große Kavität mit fehlenden Wänden oral oder bukkal (zur Zungen- bzw. Wangenseite): auch hier ist die Stabilisierung der Restzahnsubstanz mit einer Milchzahnkrone sinnvoll.
Vor der Füllung
Vor der Füllung wird man dementsprechend großen Wert auf die Farbauswahl durch das Kind legen und auch die Vorfreude auf weitere Farben zu wecken versuchen.
Das Verfahren
- in der Regel Lokalanästhesie (örtliche Betäubung)
- Exkavation (Entfernung der kariös zerstörten Zahnhartsubstanz)
- Präparation der Kavität (Formgebung, z. B. Entfernen zu dünner brüchiger Randbereiche)
- ggf. Pulpenschutz (Abdecken von Dentinbereichen in unmittelbarer Zahnmarknähe) mit einem Calciumhydroxidpräparat
- Dentinhaftvermittler: zur Verbesserung der Haftung des Kompomer-Füllungsmaterials am Dentin (Zahnbein) wird beispielsweise ein Self-Etch-Adhäsiv für ca. 20 Sekunden bzw. nach Herstellerangaben ins Dentin einmassiert
- Lichthärtung (chemische Aushärtung wird durch Licht in Gang gesetzt)
- Einbringen der Kompomer-Füllung in mehreren Schichten in die Kavität (Loch im Zahn), stopfen und modellieren (Anpassen an die Zahnkonturen)
- Lichthärtung der einzelnen Schichten
- Ausarbeiten der gehärteten Füllung, z. B. mit Finierdiamanten und Polierern
Nach der Füllung
Nach der Füllung kann diese sofort belastet werden. Allerdings muss der Patient vor dem Essen auf das vollständige Abklingen der Anästhesiewirkung (Betäubung) warten, da andernfalls die Gefahr besteht, dass die noch anästhesierte Lippen, Wangen oder die Zunge beim Kauen zwischen den Zähnen eingelagert werden.
Mögliche Komplikationen
Mögliche Komplikationen ergeben sich aus der individuellen Situation des zu versorgenden Zahnes und aus der Mitarbeit des kleinen Patienten, weniger aus dem verwendeten Material, so beispielsweise:
- Pulpitis (Zahnmarkentzündung) durch zu große Nähe des Kavitätenbodens zur Pulpa
- Füllungsverlust durch mangelnde Adhäsion, z. B. wegen Speichelzutritts beim Legen der Füllung
- Unterbrechung des Verfahrens durch nicht mehr belastbaren Patienten, mit Qualitätseinbußen als Folge (Speichel, zu geringe Lichthärtung, keine Zeit mehr für Füllungskonturierung u. a.)
Literatur
- Herstellerinformationen der Firma Voco GmbH
- Heidemann et al. (2001). Amalgamfreie Füllungstherapie: Alternative Wege (1. Aufl.). Urban & Fischer.
- Gängler P, Hoffmann T, Willershausen B, Schwenzer N, Ehrenfeld M: Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2005
- Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.