Amalgamfüllung

Bei einer Amalgamfüllung – umgangssprachlich Plombe genannt  handelt es sich um einen zahnärztlichen Füllungswerkstoff, der in der Regel eine Legierung des Quecksilbers mit Silber, Kupfer, Indium, Zinn und Zink ist.

Amalgam wird seit vielen Jahrzehnten aufgrund seiner guten mechanischen Materialeigenschaften weltweit als sehr dauerhaftes Füllungsmaterial eingesetzt. Es ist der einzige von den gesetzlichen Krankenkassen im Seitenzahnbereich bezahlte Füllstoff, wenn man von Kunststofffüllungen in Ausnahmefällen wie bei Nierenfunktionsstörungen und nachgewiesener Amalgamallergie absieht.

Vorteile

  • Gute mechanische Eigenschaften, dadurch starke Belastbarkeit
  • Langjährige Liegedauer im Mund
  • Relativ preiswert
  • Einfachere Verarbeitung und Handhabung als Kunststofffüllung; erfordert dadurch nicht so hohe Compliance (Mitarbeitsfähigkeit des Patienten), die beispielsweise reduziert sein kann durch eine eingeschränkte Mundöffnung, starken Speichelfluss bzw. der Unmöglichkeit von relativer oder absoluter Trockenlegung durch Kofferdam u. a.
  • Mit der natürlichen Zahnsubstanz vergleichbares Abriebverhalten

Nachteile

  • Auf das Gefahrenpotenzial von Amalgam aufgrund seines Quecksilbergehaltes wird in den letzten Jahren zunehmend von einigen Wissenschaftlern hingewiesen. Heutzutage verwendete Amalgame weisen eine hohe Mundbeständigkeit auf. Dennoch muss davon ausgegangen werden, dass aus einer Amalgamfüllung ständig minimale Mengen an Quecksilber freigesetzt werden.
    Dem Bericht einer EU-Kommission zufolge gehen indes keine nennenswerten gesundheitlichen und ökologischen Risiken von Amalgamfüllungen aus [2]. Ein mögliches Amalgamverbot wurde nach aktueller Studienlage verworfen. Auch ist zu berücksichtigen, dass die durch Nahrung (insbesondere Fisch), Atemluft und Trinkwasser aufgenommene Quecksilbermenge die aus Füllungen freigesetzte tägliche Menge übersteigt.
  • Auch das Entfernen einer alten Amalgamfüllung geht mit einer erhöhten Quecksilberexposition einher und sollte deshalb unter bestimmten Vorkehrungen erfolgen, die die mögliche Belastung von Patient und Behandlerteam auf ein Minimum reduzieren.
  • Amalgamtätowierungen: Durch Verschleppung von Amalgampartikeln aus schleimhautnahen Füllungsbereichen können Gingiva (Zahnfleisch) oder Mundschleimhaut schwärzliche Verfärbungen annehmen, die zwar ästhetisch störend, aber ungefährlich sind.
  • Unzureichende Ästhetik

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Okklusale, okklusal-approximale und zervikale (auf der Kaufläche, auf der Kontaktfläche zum Nachbarzahn oder im Zahnhalsbereich liegende) Füllungen im Seitenzahnbereich
  • Im Frontzahnbereich aus ästhetischen Gründen nur auf oralen Zahnflächen (der Mundhöhle zugewandten Flächen)
  • Bei Allergie gegen Kunststofffüllungsmaterial

Kontraindikationen (Gegenanzeigen) [2]

Bei den Kontraindikationen trägt man den diskutierten gesundheitlichen Risiken durch frei werdendes Quecksilber als reine Vorsichtsmaßnahme Rechnung, ohne sich hierbei auf gesicherte Erkenntnisse zu berufen.

  • Legen einer Amalgamfüllung in der Gravidität (Schwangerschaft) oder Laktationsphase (Stillzeit)*
  • direkter Kontakt im Mund zu Goldlegierungen: keine Amalgamfüllungen neben Goldinlays oder -kronen oder als Stumpfaufbauten unter geplanten Goldkronen, weil sich durch die Unterschiede zwischen unedlerem und edlem Metall ein elektrisches Potenzial aufbaut, durch das Material von der Amalgamfüllung abgetragen wird, während die Goldlegierung einen unästhetisch wirkenden dunklen hauchdünnen Belag annimmt
  • Nierenfunktionsstörungen
  • sorgfältige Abwägung bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen*; kontraindiziert bei Jugendlichen < 15 Jahre
  • nachgewiesene Amalgamallergie – sehr selten; unmittelbar nach Applikation (Legen der Füllung) Urtikaria (Nesselsucht), ekzematöse Fernreaktionen, sehr selten lokale (örtliche) Erscheinungen; Abklingen nach zwei bis drei Wochen

*Ab Juli 2018 darf das quecksilberhaltige Amalgam nicht mehr bei schwangeren oder stillenden Frauen sowie Jugendlichen unter 15 Jahren als Zahnfüllung verwendet werden (verabschiedete Verordnung des Europäischen Parlaments, 14.3.2017).

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde (FDA) rät aufgrund eines erhöhten gesundheitlichen Risikos, durch die von den Füllungen abgegebenen Quecksilberdämpfen, zum Amalgamverzicht bei Hochrisikogruppen [4]:

  • Frauen, die Plan schwanger zu werden
  • Schwangere
  • Stillende Frauen
  • Kinder unter 6 Jahren
  • Menschen mit vorbestehenden neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS), Morbus Alzheimer oder Morbus Parkinson
  • Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
  • Personen mit bekannter erhöhter Empfindlichkeit (Allergie) zu gegenüber Quecksilber oder anderen Bestandteilen von Zahnamalgam

Das Verfahren

Bei Amalgam handelt es sich um einen Werkstoff, der unmittelbar vor der Applikation (Legen) der Füllung durch Trituration (Anmischen) aus reinem Quecksilber und einem pulvrigen Metallgemisch in der Regel aus einer Silber-Zinn-Legierung (Ag3Sn) sowie Silber-Kupfer-Legierung hergestellt wird. Das frisch angemischte noch plastische Material wird unter möglichst hohem Stopfdruck in den Zahn eingebracht, um durch starke Verdichtung eine hohe Materialqualität und einen möglichst geringen Quecksilberanteil zu erreichen, da sich das Quecksilber beim Stopfen mit speziellen Amalgamkondensierern an der Oberfläche der Füllung sammelt. Diese wird bewusst in der Höhe "überstopft", der quecksilberreiche minderwertige Überschuss beim Modellieren (Ausarbeiten) der Füllung entfernt.

Die Verfahrensschritte im Einzelnen:

  • Exkavation (Kariesentfernung)
  • Kavitätenpräparation (Beschleifen des Zahndefektes): unter sich gehende Stellen erforderlich, da die Füllung rein mechanisch verankert wird
  • Nacharbeiten der Schmelzränder: Entfernen der durch die Präparation aufgelockerten randständigen Schmelzprismen, deren Verbleib einen qualitativ minderwertigen Randabschluss der Füllung ergäbe
  • Legen einer druckstabilen Unterfüllung (z. B. Glasionomer- oder Zinkphosphatzement)
  • relative Trockenlegung (z. B. mit Speichelzieher und Watterollen)
  • bei approximalen (im Kontakt zum Nachbarzahn liegenden) Füllungen Anlegen einer schraubbaren, dem Stopfdruck widerstehenden Matrize
  • Fixieren des Matrizenabschlusses im Approximalraum mittels Keil
  • Trituriation: Anmischen des Materials in vordosierten Einmalkapseln im mechanischen Rüttler für wenige Sekunden nach Herstellerangaben; das Ergebnis ist ein knet- und formbares, nicht zu trockenes, noch matt silbrig glänzendes Material mit dem charakteristischen "Schneeballknirschen" beim Verarbeiten
  • Stopfen und Kondensieren (Verdichten) der Füllung unter maximalem Stopfdruck zur Materialoptimierung entweder manuell oder mit mechanischem Kondensierer; "Überstopfen" der Füllung
  • Ausarbeiten, "Schnitzen" der Füllung: das quecksilberreiche Füllungsmaterial der überschüssigen Oberfläche wird mit Handinstrumenten entfernt, die Füllung den Zahnkonturen durch "Schnitzen" des innerhalb von drei bis fünf Minuten seine Plastizität verlierenden Materials angepasst

Nach dem Verfahren

  • Auftragen von Lack (z. B. Fluoridlack)
  • Der Patient sollte angewiesen werden, für ca. zwei Stunden darauf zu verzichten zu essen und die Füllung anderweitig zu belasten, denn das Amalgam hat erst nach zehn Stunden annähernd seine Endhärte erreicht.
  • Die Politur der Füllung ist daher in der ersten Sitzung noch nicht möglich, sie kann nach frühestens 24 Stunden erfolgen. Dabei werden die Füllungsränder unter Beachtung der Laufrichtung der Polierinstrumente an die Schmelzränder angetrieben, die Feinpolitur erfolgt mit Polierpasten. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass genug Pastenmaterial aufgetragen wird, um eine Überhitzung des Amalgams zu vermeiden.

Mögliche Komplikationen

  • Füllungsfraktur bei vorzeitiger Belastung
  • allergische Reaktionen bei zuvor unbekannter Amalgamallergie
  • Amalgamtätowierung
  • Überstopfen von Füllungsmaterial in den Approximalraum bei unzureichend anliegendem Matrizenband
  • Bildung eines Korrosionselements bei der direkten Berührung von edleren Goldlegierungen mit dem unedlerem Amalgam

Literatur

  1. Heidemann et al. (2001). Amalgamfreie Füllungstherapie: Alternative Wege (1. Aufl.). Urban & Fischer.
  2. Schmalz G: Amalgamdiskussion in der EU. Kein Grund zur Besorgnis. ZM 98 Nr. 12 vom 16.06.2008 S. 102-104
  3. Weber T. (2017). Memorix Zahnmedizin (5. unveränderte Aufl.). Thieme Verlag.
  4. FDA Issues Recommendations for Certain High-Risk Groups Regarding Mercury-Containing Dental Amalgam FDA Statement September 24, 2020